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Thermische und hygrothermische Simulation

Dynamische Simulation und Vergleich zweier Fußbodenheizungssysteme

Alles was Sie schon immer über Ihr Heizungssystem wissen wollten…

In diesem Artikel werden mittels der dynamischen Simulationsfunktion von HTflux zwei Fußboden-Heizsysteme untersucht und die Unterschiede im dynamischen Verhalten veranschaulicht. Der genaue zeitliche Verlauf der Wärmeabgabe ist natürlich immer von einer Vielzahl an Faktoren, welche das Gesamtsystem darstellen, abhängig, z.B. Eigenschaften der Wärmequelle, speicherwirksame Massen im Gebäude etc. Bei dieser Untersuchung konzentrieren wir uns ausschließlich auf das dynamische Verhalten des Systems aus Heizrohren und Fußbodenaufbau. Dessen Trägheit ist meist der bestimmende Faktor für das Gesamtsystem und wird bestimmt durch die verwendeten Materialien und die geometrische Anordnung. Die bei dieser Untersuchung gewonnenen (sehr genauen) Kenngrößen können dann für eine umfangreichere Heizungssimulation herangezogen werden. Die beiden ausgewählten Systeme stellen typische, aber spezifische Beispiele dar. Die Berechnungen gelten ausschließlich für diese Systeme, da sie sehr vom spezifischen Aufbau geprägt sind.

Die Modelle

Das erste Modell ist ein Trockenbau-Fußbodenheizungssystem. Es besteht aus einer Trockenestrichplatte aus Gipsfaser (25 mm), welche von integrierten Fußbodenheizungselementen beheizt wird. Die Elemente bestehen aus EPS-Verlegeplatten, PE-Heizungsrohren (14×2 mm) und 140 mm breiten Aluminium Wärmeleitlamellen.
Der zweite Aufbau entspricht dem verbreiteten „Nassestrich“ –Aufbau, bei welchem die Heizungsrohre direkt im Estrich verlegt werden. In diesem Beispiel wurde ein Anhydrit-Estrich (70 mm) gewählt. Darunter befindet sich eine Trittschalldämmplatte (30 mm).

FUSSBODENHEIZUNG-AUFBAU-TROCKEN

Modell A – Trockensystem

FUSSBODENHEIZUNG-AUFBAU-NASS

Modell B – Nasssystem

Gemeinsam ist beiden Aufbauten eine darüber liegende Parkettschicht mit 3 mm. Nach unten folgen jeweils eine PUR-Dämmplatte und eine nach außen gedämmte Stahlbeton-Bodenplatte. Der Verlegeabstand (Rohrteilung) wird mit 15 cm festgelegt. Aufgrund des symmetrischen Aufbaus ist es ausreichend, jeweils ein Segment, seitlich adiabat begrenzt, zu simulieren.

Randbedingungen

Entsprechend der relevanten Norm EN ISO 1264 wird auf der Fußbodenoberfläche ein Wärmeübergangswiderstand von 0,0926 W/m²K angewendet (siehe Tabelle am Ende der Seite Wärmeübergangswiderstände).
Als Innentemperatur wird die übliche Bemessungstemperatur von 20 °C angesetzt. Auf der Außenseite wird direkter Kontakt zum Erdreich  angenommen (Rse=0 W/m²K, T=10°C). Infolge der ausreichenden Dämmung spielen die nach außen gehenden Wärmeströme nur eine untergeordnete Rolle. Selbstverständlich kann dennoch auch deren Größe und das zeitliche Verhalten mittels HTflux untersucht werden, sofern dies von Interesse ist.

Spezifische Wärmeleistung und Kennliniensteigung

Die Berechnung des sogenannten äquivalenten Wärmedurchgangskoeffizienten bzw. der Kennliniensteigung mittels HTflux ist sehr einfach. Hierfür muss lediglich eine stationäre thermische Simulation durchgeführt werden, bei welcher die Heizmitteltemperatur über der Raumtemperatur liegt. Dividiert man dann die, mittels des Wärmestromtools gemessene Wärmeleistung, durch den Verlegeabstand und die angewendete Temperaturdifferenz („Heizübertemperatur“), so erhält man direkt die sogennante Kennliniensteigung KH.  Diese charakterisiert den gesamten Wärmeübergang vom Heizmedium bis zur Raumoberfläche und wird von der Geometrie und den Wärmeleitfähigkeiten der einzelnen Materialien bestimmt.  Hat man diesen KH Wert ermittelt, so kann durch einfache Multiplikation mit der Temperaturdifferenz Raum/Heizmedium für beliebige Situationen die Wärmeleistung des Heizsystems pro Quadratmeter bestimmt werden.

Spezifische-Wärmeleistung-Fussbodenheizung

Wärmestromdichten – Fussbodenheizung, Trockensystem mit Aluminium-Lamellen

Beim Modell A (Trockenestrich und Aluminiumleitblech) lautet die entsprechende Rechnung wie folgt: KH = Φ / (ΔT·d) = 5,819 / (10·0,15) = 3,88 W/m²K. Also erhält man für jedes Grad Heizübertemperatur eine zusätzliche Leistung von 3,88 W pro Quadratmeter.

Die Ermittlung dieser Kenngröße mit HTflux ist nicht nur sehr einfach, sondern auch sehr präzise, da alle geometrischen Details und Materialeigenschaften akkurat berücksichtigt werden. Bei der Bestimmung entsprechend der relevanten Norm (EN ISO 1264-2) wird versucht mithilfe einer Reihe von analytischen und semiempirischen Formeln diese Berechnung nachzubilden. Der Berechnungsvorgang ist komplex, fehleranfällig und führt dennoch grundsätzlich zu ungenaueren Ergebnissen. Wir sind deshalb der Ansicht, dass der Einsatz von HTflux (oder ähnlichen Programmen) zur Berechnung dieser Kenngröße eine zweckmäßige Alternative darstellt, und zudem die Ermittlung weiterer interessanter Größen gestattet – insbesondere dynamische Kenngrößen, wie wir im Folgenden zeigen werden.

Dynamisches Verhalten des Heizungssystems

Da die stationäre Berechnung sehr einfach durchzuführen ist, vertiefen wir unsere Analyse durch die Anwendung von dynamischen Berechnungen. Liegt das Modell bereits vor, so ist der zusätzliche Aufwand hierfür sehr begrenzt. Es müssen lediglich geeignete Zeitreihen für die Heizmitteltemperatur auswählt, und die Ergebniszeitreihen nach Bedarf ausgewertet werden.

Um eine möglichst gute Charakterisierung des dynamischen Verhaltens zu erzielen, führen wir gleich drei unterschiedliche dynamische Simulationen durch:

Dynamische Simulation I: Aufwärmphase

Natürlich hängt der tatsächliche zeitliche Verlauf der Aufwärmphase von einer Vielzahl von Faktoren ab (maximale Wärmeleistung der Heizung, Länge der Heizkreise, Raumausstattung, Verluste etc.). Die speicherwirksame Masse im Bereich der Heizrohre und des Fußbodenaufbaus spielt jedoch eine maßgebliche Rolle. Um diesen Einfluss unabhängig von weiteren Einflussfaktoren zu bestimmen, wird ein sogenannter Sprungantwort-Test durchgeführt. Dies ist die einfachste und neutralste Methode um charakteristische Kennzahlen für diesen Teil des Heizsystems zu ermitteln. Bei diesem wird die Heizmedium-Temperatur in einer ersten Phase variabel gehalten – also von der umgebenden Temperatur bestimmt. Dann wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die Temperatur des Heizmediums instantan auf eine konstante Temperatur (hier 30°C) angehoben. Es wird also quasi davon ausgegangen, dass keine vorlaufenden Verluste stattfinden und eine „ideale Heizquelle“ angenommen, welche abrupt das Heizmedium auf eine bestimmte konstante Temperatur bringen kann.

Analysiert man nun die Reaktion des Heizsystems auf diese abrupte Temperaturvorgabe indem man die Zeitverläufe der Temperaturen und/oder Wärmeströme ermittelt, so lassen sich aus diesen „Sprungantworten“ einfach dynamische Kennzahlen ableiten, welche das System beschreiben. Sie können später herangezogen werden, um das Verhalten des Gesamtsystems vorherzusagen, unter Berücksichtigung aller weiteren Aspekte (wie Rohrlängen, Kennlinie der Wärmequelle, Verluste etc.).

Fussbodenheizung-dynamische-Simulation-Wärmeleistung-Aufwärmphase

Fussbodenheizung-dynamische-Simulation-Temperaturverlauf-Aufwärmphase

Es ist gut erkennbar, dass die Anlaufzeit beim Trockenestrich-System signifikant kürzer ist. Um den Verlauf zu charakterisieren können wir, analog zur Halbwertszeit, jene Zeitdauer messen, welche das System benötigt um die Hälfte der maximal möglichen Wärmeleistung zu erreichen. Bei den untersuchten Fällen sind dies 26 Minuten für das „Trocken-System“ und 104 Minuten für das „Nass-System“.

Dynamische Simulation II: Auskühlzeit

Um das Auskühlverhalten des Heizsystems zu analysieren, gehen wir analog zum eben durchgeführten Test vor. Diesmal erfolgt der Sprungantwort-Test jedoch in umgedrehter Reihenfolge. Es wird zu Beginn eine Ausgangstemperatur von 30°C für das Heizmedium vorgeben, und zu einem bestimmten Zeitpunkt abrupt aufgelöst – die Umlaufpumpe quasi abgestellt. Wiederum kann nun durch die Analyse des zeitlichen Verlaufs der Temperaturen und Wärmeströme wertvolle Information zur Beschreibung des Heizsystems gewonnen werden, etwa zur Optimierung der Heizungssteuerung.

Fussbodenheizung-dynamische-Simulation-Wärmeleistung-Abkühlphase

Fussbodenheizung-dynamische-Simulation-Temperaturverlauf-Abkühlphase

Wie zu sehen ist, fällt bei dieser Untersuchung der Unterschied zwischen den beiden Heizsystemen, absolut gesehen, noch signifikanter aus. Während beim „Trockensystem“ die abgegebene Heizleistung binnen 75 Minuten auf den Halbwert sinkt, ist die entsprechende Zeitdauer bei „Nasssystem“ 293 Minuten.

Dynamische Simulation III: Intervall-Verhalten

Mit HTflux können grundsätzlich beliebige Zeitverläufe als Temperaturvorgaben herangezogen werden. Um eine gut definierte, aber etwas komplexere Situation zu beschreiben wird nun das Verhalten der Heizsysteme bei einem idealisierten Intervallbetrieb untersucht. Das Heizmedium wird hierbei im Stundenintervall von EIN (30°C) auf AUS geschaltet. Die Reaktion der Heizsysteme könnten nun bereits analytisch mit den zuvor gewonnenen Kenntnissen vorhergesagt werden. Es ist jedoch einfacher und aussagekräftiger eine weitere Simulation durchzuführen, um so die gesamte Information des zeitlichen Verhaltens aller resultierenden Temperaturen untersuchen zu können. Ein derartiges Intervall-Verhalten könnte aus praktischer Sicht etwa als Folge einer schlecht eingestellten Heizungssteuerung oder einer Heizquelle, welche nur bei bestimmten Temperaturniveaus effektiv arbeitet, auftreten.

Fussbodenheizung-dynamische-Simulation-Wärmeleistung-Intervall

Fussbodenheizung-dynamische-Simulation-Temperaturverlauf-Intervall

Vergleich “Trockensystem” vs. “Nasssystem”

Es ist wichtig hervorzuheben, dass es nicht möglich ist die Heizsysteme lediglich anhand der hier ermittelten Kenngrößen zu bewerten. Das dynamische Verhalten, also der Effekt der aktivierten speicherwirksamen Massen, kann je nach Anwendungsfall von Vorteil sein, oder sich nachteilig auswirken. Zu hohe thermische Massen führen natürlich zu einem trägeren Verhalten, und erfordern deshalb eine optimierte Steuerung der Heizung. Ein häufig auftretendes Problem in diesem Zusammenhang ergibt sich in der Übergangsjahreszeit, wenn hohe solare Einträge auf kühle Nächte folgen. Die nachlaufende Wärmeabgabe der Heizung führt dann in Kombination mit den rasch ansteigenden solaren Gewinnen zu einer Überwärmungssituation. In der Abbildung unten sind die energetischen Einträge für einen typischen Raum mit südost-orientierten Fenstern und Fußbodenheizung dargestellt.

Überwärmung Heizung und solare Einträge

Überwärmungsituation für SO-orientierten Raum in der Übergangsjahreszeit (15. April)

Eine erhöhte Trägheit des Systems kann jedoch auch erwünscht sein, wenn aus ökologischen, ökonomischen oder technischen Gründen die Wärmequelle nur zu bestimmten, definierten Zeiten Wärme liefert. In diesem Fall sorgt die speicherwirksame Masse für eine gleichmäßige Wärmeabgabe. Die erwünschten Eigenschaften des Systems sind deshalb vom genauen Anwendungsfall abhängig. Aus diesem Grunde ist es essentiell die genauen dynamischen Eigenschaften des Systems zu kennen. Denn nur so kann die richtige Auswahl getroffen werden und die Steuerung des Heiz- oder Kühlsystems entsprechend optimiert werden.

Gegenüberstellung einiger Berechnungsergebnisse
Bodenheizung-Vergleich-Tabelle

 (c) HTflux, Daniel Rüdisser

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