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Thermische und hygrothermische Simulation

Betonkernaktivierung für Deckensysteme in Fertigteilbauweise

W. Gappmaier, H. Hafellner, P. Kautsch
Technische Universität Graz, Institut für Hochbau, Lessingstraße 25, 8010 Graz
Graz, am 17. März 2018

Kurzfassung

Die Anforderungen an künftige Systeme zur Temperierung von Räumen nehmen stets zu. Eine Methode mit der sowohl Heizen als auch Kühlen unter geringerem Energieverbrauch möglich ist, ist die Betonkernaktivierung für Deckensysteme. Durch verschiedene stationäre sowie instationäre Simulationen wurden 6 verschiedene Parameter wie Rohrdurchmesser, Achsabstand, Höhenlage der Rohre, verschiedene Materialien, das Aufbringen einer Putzschicht und verschiedene Deckenstärken untersucht, die für eine Realisierung der Betonkernaktivierung in Fertigteilbauweise bauphysikalisch relevant sind und diese thermisch beeinflussen. Anhand eines Regelquerschnitts wurden Temperatur und Kennliniensteigung, welche ein Indikator für die Wärmeabgabeleistung des Systems sind, bestimmt und ausgewertet. Insgesamt sind 576 stationäre Berechnungen durchgeführt und jeder einzelne Parameter mit zumindest einem anderen verglichen worden, um auftretende und sich beeinflussende Effekte besser darstellen zu können. Für die Berechnung der instationären Ergebnisse sind 108 verschiedene Simulationen mit unterschiedlichen zeitabhängigen Temperaturkurven erstellt worden, dadurch sind 51840 verschiedene Ergebnisse erhalten worden. Die Berechnungen wurden mit der Software HTflux durchgeführt. Die weiteren Ergebnisse sind in der Diplomarbeit „Betonkernaktivierung für Deckensysteme in Fertigteilbauweise“ an der TU Graz nachzulesen.

Einleitung

Die Anwendung von betonkernaktivierten Deckensystemen werden für künftige Generationen im Sinne von „Smart City“ in den Vordergrund rücken. Ein niedrig Energie-System in den ohnehin gängig verbreiteten massiv ausgeführten Geschoßdecken zu integrieren, und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, Heizen und Kühlen mit einem System zu vollziehen, macht diese Idee noch interessanter. Um diese Systeme optimal in die Wirtschaft und dabei nachhaltig zu integrieren, ist es notwendig, genaueste Kenntnis über das bauphysikalische Verhalten zu haben. Es wurden bereits einige interessante Arbeiten zu diesem Thema veröffentlicht. Forschungen von Professor Krec wie in [1;2] etwa behandeln das thermische Verhalten einer betonkernaktivierten Decke unter Berücksichtigung verschiedener Parameter. Aufbauend auf den vorhandenen Erkenntnissen, wurde die Berechnungsmethode mit den bestehenden Ergebnissen verglichen und verfeinert und neue Parameter untersucht, wie etwa verschiedene Deckenstärken und Materialien. Durch diese Untersuchungen wird das große Potential eines betonkernaktivierten Deckensystems aufgezeigt und weiter entschlüsselt.

Simulationsmethode

Für die Berechnung und den Vergleich der Parameter wurde mit der Software HTflux gearbeitet. Der entscheidende zu untersuchende Wert war die Kennliniensteigung (vgl. in anderen Literaturen: „thermischer Leitwert“). Durch Eingabe eines Muster Konstruktionsaufbaus für das reale Bauprojekt „Blue-Living“ in Grödig bei Salzburg, wurde ein Aufbau definiert, anhand dessen man die Vergleiche anstellen konnte. Neben der Definition von Wärmeübergangswiderständen  nach [3] und [4] an den Grenzflächen zu den umgebenden Rauminnentemperaturen nach [5] und [6] war die Eingabe der Materialien und ihrer Eigenschaften nötig (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1 Übersicht der verwendeten Materialien lt. [7] und [8]

t [cm] ρ [kg/m3] λ [W/mK] cP [J/kgK] µ trocken/feucht
Bodenbelag (Holz) 1,5 500 0,13 1600 40/30
Estrich 8,0 1600 1,1 1080 35/15
PAE-Folie 0,002 950 0,35 2300 100000
Mineralfaser MW-T 033 3,0 75 0,041 1030 1
PAE-Folie 0,002 950 0,35 2300 100000
Schüttung 7,5 100 0,06 900 3
Aufbeton 16,0 Variabel
Elementdecke 6,0 Variabel
Deckenputz 1,0 1200 0,6 1000 10/6

Für die Eingabe eines PEX – Rohrs, das als interne Wärmequelle verwendet wurde, wurde ein vernetzter Polyethylen Kreisring mit einer Wandstärke von 2 mm eingegeben, dem Inneren des Rohrs wurde Wasser zugewiesen.

Die untersuchten Parameter wurden wie folgt definiert:

  • Betrachtung einer unverputzten Sichtbeton Decke und eines verputzten Stahlbetonquerschnitts
  • Es werden zwei verschiedene Rohrdurchmesser betrachtet Ø 17 mm und Ø 20 mm
  • Ein variabler Achsabstand von entweder 15 cm oder 20 cm wird simuliert
  • Die Deckenstärke des Querschnitts wird verändert. Dabei bleibt der Fußbodenaufbau gleich, es ändert sich jedoch die Höhe des Betonquerschnitts. Dabei werden ein 22 cm, ein 25 cm und ein 30 cm hoher Querschnitt miteinander verglichen
  • Um den Effekt von verschiedenen Materialien darzustellen, werden UHPC, Normal – und Leichtbeton während dieser Arbeit untersucht
  • Die Höhenlage des Rohrregisters wird verändert – 3 bzw. 5 cm oberhalb der Stahlbetonunterkante, eine Position in der Querschnittsmitte und 3 cm unterhalb der Stahlbetonoberkante

Die hier erwähnten Parameter wurden so gewählt, damit sie für Deckensysteme in Fertigteilbauweise angewendet werden können, die gewonnenen Erkenntnisse gelten aber gleichermaßen für Ortbetonlösungen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Untersuchung der Höhenlage der Rohrregister im Querschnitt gelegt. Deswegen wurde der Parameter mit vier verschiedenen Höhenpositionen untersucht.

Da aufgrund des Konstruktionsaufbaus und hier primär wegen der Schüttung und der Trittschalldämmung kaum ein Wärmestrom in den darüber liegenden Raum erwartet und durch die Ergebnisse bestätigt wurde, kann von einem Deckenheiz- bzw. Strahlungsheizsystem gesprochen werden. Es wurde aber wie bereits erwähnt nicht nur ein Heizbetrieb sondern auch eine Kühlung untersucht.

Zuerst wurde ein stationärer Zustand untersucht. Dabei wurden sämtliche Parameter für jede Simulation angepasst und verändert. Es wurden 576 verschiedene Ergebnisse für diese Berechnungsmethode erhalten.

Da für einen umfassenden Überblick auch das zeitabhängige Verhalten der einzelnen Parameter von Interesse war, wurden instationäre Simulationen durchgeführt. Dabei wurde ein zwölfstündiger zyklischer Aufheiz-, bzw. Abkühlvorgang simuliert. Überdies wurde untersucht, wie viel Zeit notwendig war, um das Ergebnis der stationären Simulation bei durchgehendem Anschalten der Heiz, bzw. Kühlquelle zu erreichen. Als weitere instationäre Simulation wurden die Speichereigenschaften des Konstruktionsaufbaus untersucht und simuliert, wie lange der Querschnitt benötigt, um vollständig abzukühlen bzw. aufzuwärmen.

Auswertung der Ergebnisse

Um eine möglichst übersichtliche Darstellung der Ergebnisse zu gewährleisten und dabei auf die Abhängigkeit der einzelnen Parameter zueinander einzugehen, wurden zwei Grafiken erstellt, anhand derer man alle Auswirkungen der stationären Simulation ablesen konnte.

Betonkernaktivierung-Heizbetrieb-Wärmeabgabe-Höhe

Abb. 1 – Stationäres Ergebnis Heizbetrieb – Leichtbeton mit Rohrdurchmesser 17 mm

In Abbildung 1 sind die Ergebnisse für den Heizbetrieb der Simulation für Leichtbeton mit einem Rohrdurchmesser von 17 mm dargestellt. Die Abszisse zeigt die Höhenlage der Rohrregister, die Ordinate die Kennliniensteigung. Die verschiedenen Farben stellen die verschiedenen Deckenstärken dar. Abzulesen sind die unterschiedlichen Ergebnisse für den Achsabstand von 15 bzw. 20 cm, die Unterschiede von verschiedenen Deckenstärken, die Differenzen einer verputzten und unverputzten Stahlbetonuntersicht, sowie die Höhenlage im Querschnitt. Die Ergebnisse zeigten, dass bei geringer Deckungslage, geringem Achsabstand und unverputzter Untersicht die höchsten Werte für die Kennliniensteigung erzielt wurden. Bei geringer Deckungslage (3 bzw. 5 cm oberhalb der Stahlbetonoberkante) ist es unwesentlich, welche Deckenstärke betrachtet wurde. Bei hoher Überdeckung wurde der niedrigste Wert für eine 30 cm starke, verputzte Decke, mit einem Rohrachsabstand von 20 cm errechnet.

Betonkernakivierung-Überdeckung-Kennlinie

Abb. 2 – Stationäres Ergebnis Heizbetrieb – 22 cm hoher STB-Querschnitt mit Rohrachsabstand 15 cm mit Putz

In Abbildung 2 sind zusätzlich zu den bereits bekannten Ergebnissen der Höhenlage die Materialien und die Durchmesser miteinander verglichen worden. Es zeigte sich, dass sich durch die Veränderung der Materialien dieselben Unterschiede einstellten. Das Anpassen des Rohrdurchmessers hatte hingegen kaum Auswirkungen. Die Höhenlage zeigte wieder, dass für alle Materialien und Betrachtung die geringsten Werte für die Kennliniensteigung für die höchste Deckungslage errechnet wurden.

Betonkernaktivierung-Abschaltung-Phasenverschiebung-Aufwärmen

Abb. 3 – Ergebnisdarstellung Heizbetrieb Materialien Zyklus On/Off – 22 cm Deckenstärke, Rohrdurchmesser 17 mm, Rohrachsabstand 15 cm, mit Putz, 3 cm Betondeckung

Die zeitabhängigen Ergebnisse (siehe Abbildung 3) für die Materialien zeigten, dass bei der zyklischen Betrachtung der Variante UHPC höhere Werte für die Kennliniensteigung aufwies als die der anderen Materialien. Gleichzeitig wurde deutlich, dass das Abkühlen bei UHPC schneller von statten geht als bei Normalbeton und Leichtbeton.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse zeigten, dass die Veränderung der Parameter teilweise eindeutige Unterschiede der Werte für die Kennliniensteigung und teilweise kaum merkbare mit sich brachten. Das Verändern des Rohrdurchmessers hatte wenig Auswirkung, was auf das geringe Voluminaverhältnis von Rohrdurchmesser zu Stahlbetonquerschnitt zurückzuführen ist. Im Mittel wurde ein Unterschied von 2,53 % für die stationäre Betrachtung errechnet. Die instationären Simulationen offenbarten ebenfalls keine großen Differenzen zwischen den Rohrdurchmessern. Die Achsabstände zeigten die bereits bekannten und erwarteten deutlichen Unterschiede. Das Aufbringen einer Putzschicht hatte einen nicht zu vernachlässigbaren Einfluss auf das thermische Gesamtverhalten. Im Mittel ergab sich für den stationären Fall ein prozentualer Unterschied von 7,09 %. Aus den instationären Simulationen gingen ähnliche Erkenntnisse hervor. Für die zyklische Betrachtung wurden bei einer unverputzten Deckenuntersicht im Maximalbereich um 6,69 % geringere Abgabeleistungen erzielt, als bei einer verputzten. Beim Aufheizvorgang wurde ersichtlich, dass sich durch das Aufbringen einer Putzschicht das System träger verhielt. Beim Abkühlvorgang zeigten sich auch positive Eigenschaften einer Putzschicht wie beispielsweise, dass die Wärme langsamer an den untenliegenden Raum abgegeben wurde. Die Veränderung der Materialien machte deutlich, dass die thermischen Eigenschaften der verschiedenen Betonsorten einen großen Einfluss auf das Verhalten haben. Im Mittel wurde eine Differenz von Normalbeton zu Leichtbeton von 43,31 % errechnet, zwischen Normalbeton und UHPC betrug dieser Unterschied immerhin noch 12,88 %. Bei identen Deckungslagen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Deckenstärken, im Mittel errechnete sich ein Unterschied von 0,06 %. Für hohe Deckungslagen ergab sich eine mittlere Differenz von 5,05 %. Bei hohen Deckungslagen, und damit unterschiedlichen Höhenpositionen im Querschnitt, wurde einerseits die speicherwirksame Masse des Betons bei höheren Querschnitten deutlich und andererseits die geringeren möglichen Werte für die Kennliniensteigung. Eine Realisierung eines Deckensystems als Fertigteilbauweise bei gleichzeitigem Einlegen der Rohrregister bereits im Halbfertigteilfabrikat und der damit notwendigen geringen Deckungslage erwies sich in vielen betrachteten Fällen als günstig. Für hohe Deckungslagen wurden deutlich niedrigere Werte errechnet. Die weiteren Ergebnisse sind in der Diplomarbeit „Betonkernaktivierung für Deckensysteme in Fertigteilbauweise“ nachzulesen.

Tabellenverzeichnis

  • Tabelle 1:    Übersicht der verwendeten Materialien lt. ÖNORM EN 12524:2000 09 01 und ÖNROM B 8110 – 7: 2013 03 15

Abbildungsverzeichnis

  • Abbildung 1:   – Stationäres Ergebnis Heizbetrieb – Leichtbeton mit Rohrdurchmesser 17 [mm]
  • Abbildung 2:   – Stationäres  Ergebnis Heizbetrieb – 22 cm hoher STB-Querschnitt mit Achsabstand 15 cm mit Putz
  • Abbildung 3:   – Ergebnisdarstellung Heizbetrieb Materialien Zyklus On/Off – 22 cm Deckenstärke, Rohrdurchmesser 17 mm, Achsabstand 15 cm, mit Putz, 3 cm Betondeckung

Literaturverzeichnis

  • [1] Krec, K: Energiespeicher Beton. Forschungsprojekt im Auftrag von: Vereinigung Österreichischer Zementwerke. (2015)
  • [2] Friembichler, F.; Handler, S.; Krec, K.; Kuster, H.: Thermische Bauteilaktivierung. Engergiespeicher Beton Planungsleitfaden Einfamilien- und Reihenhäuser. 1. Ausgabe (Berichte aus Energie- und Umweltforschung). (2016)
  • [3] ÖNORM EN ISO 6946: „Bauteile – Wärmedurchlasswiderstand und Wärmedurchgangskoeffizient – Berechnungsverfahren“.04.2008
  • [4] ÖNORM EN 1264, Teil 5: „Heiz- und Kühlflächen in Fußböden, Decken und Wänden – Bestimmung der Wärmeleistung und der Kühlleistung“.01.2009
  • [5] ÖNORM EN ISO 13790: „Energieeffizienz von Gebäuden – Berechnung des Energiebedarfs für Heizung und Kühlung“. 01.10.2008
  • [6] ÖNORM EN 12831, Teil 1: „Raumheizlast“.11.2014
  • [7] ÖNORM EN 12524: Baustoffe und -produkte – Wärme- und feuchteschutztechnische Eigenschaften – Tabellierte Bemessungswerte“. 01.09.2000
  • [8] ÖNORM B 8110, Teil 7: „Tabellierte wärmeschutztechnische Bemessungswerte“.03.2013
  • [9] Durcrete GmbH: Technische Daten Nanodur Beton. Online verfügbar unter http://durcrete.de/technische-daten-nanodur/, zuletzt geprüft am 12.11.2017.
  • [10] Expertenforum Energiespeicher Beton; Expertenforum Energiespeicher Beton: Visionäres Energiemanagement – von der Forschung zur Umsetzung; Expertenforum Beton (2015): Tagungsband Expertenforum November 2015. Wien: Zement + Beton Handels- und Werbeges. m.b.H (Zement + Beton, Tagungsband November 2015).
  • [11] Krec, Klaus; Kuster, Harald; Zillner, Theodor; Warmuth, Hannes (2015): Tagungsband Expertenforum November 2015. Wien: Zement + Beton Handels- und Werbeges. m.b.H (Zement + Beton, Tagungsband November 2015).
  • [11] Norm ÖNORM EN ISO 10211: 2008 04 01, 01.04.2008: Wärmebrücken im Hochbau – Wärmeströme und Oberflächentemperaturen – Detaillierte Berechnungen (ISO 10211:2007).