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Thermische und hygrothermische Simulation

Die Modellierung von Lufthohlräumen

Das Model der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit

Zur Beschreibung des Wärmeaustausches in einem Lufthohlraum im Rahmen einer bauphysikalischen Simulation, wird üblicherweise das Modell der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit herangezogen. Hierbei wird quasi davon ausgegangen, dass Lufthohlraum mit einem virtuellen Material gefüllt ist. Die Wärmeleitfähigkeit dieses Materials wird innerhalb des Hohlraums als konstant angenommen, der exakte Wert wird jedoch spezifisch für jeden Lufthohlraum dynamisch berechnet. Physikalisch gesehen basiert der Wärmetransport im Hohlraum auf komplexen sich wechselweise beeinflussenden Mechanismen, welche einerseits auf Strahlungsaustausch und andererseits auf Konvektion beruhen. Für die Effektivität dieser Prozesse, und damit die Größe des Wärmeaustausches, sind eine Reihe von Parametern maßgeblich, insbesondere: Geometrie, Größe, Oberflächentemperaturen, Temperaturgradienten, Emissionskoeffizienten und die Richtung des Wärmestroms.

All diese Abhängigkeiten werden in einem vereinfachten, halb-empirischen Berechnungsmodell berücksichtigt. Trotz der hierbei nötigen starken Vereinfachungen ist das Modell für die in der Bauphysik üblichen Lufthohlräume überraschend gut in der Lage den Wärmeaustausch zu beschreiben. Auf Grund der Vereinfachungen gilt dies aber nur innerhalb gewisser Grenzen, z.B. besondere konvektive Strömungen oder stark strahlungsdominierte Prozesse (bei sehr hohen Temperaturen) können damit nur begrenzt beschrieben werden.

Grundsätzlich berücksichtigt das Modell aber die maßgeblichen Parameter (Größe und Gestalt des Hohlraums, Emissivität der Oberfläche, Richtung des Wärmestroms, Temperaturniveau und Temperaturgradient) in einem vereinfachten arithmetischen Ansatz, der auf Basis empirischer Untersuchungen entwickelt wurde. Die grundlegenden Beziehungen und Definitionen dieser Modelle finden sich in den Normen ISO 6946 und ISO 10077-2.

Die Simulation von Lufthohlräumen mit HTflux

Die Art der Berechnung des Lufthohlraums kann in HTflux beim Eingabefeld für die Wärmeleitfähigkeit (1) gewählt, und allenfalls mittels Mausklick im Parameter-Feld (2) angepasst werden. Es wird jedoch empfohlen die entsprechenden, vordefinierten Materialien aus der öffentlichen Material-Datenbank zu wählen, da bei diesen auch die anderen Parameter (Dichte, Wärmekapazität, Wasserdampfdiffusionswiderstand) bereits voreingestellt sind.

Lufthohlraum-Wärmeleitfähigkeit

In HTflux stehen die folgenden Optionen zur Simulation eines Lufthohlraums zur Verfügung:

ISO 6946 Lufthohlraum – automatisch

Für die meisten Anwendungen dürfte diese Wahl das beste Ergebnis liefern. HTflux ermittelt bei der Anwendung dieses Modells automatische die Unterteilung, Geometrie und Oberflächentemperaturen des Lufthohlraums und errechnet entsprechend der Normenvorgabe die resultierende Wärmeleitfähigkeit – spezifisch für jeden detektierten Lufthohlraum. Da die Oberflächentemperaturen von der ermittelten Wärmeleitfähigkeit abhängig sind, ist ein iterativer Vorgang notwendig. Das heißt die thermische Simulation, wird bei der Verwendung dieses dynamischen Materials automatisch mehrmals hintereinander durchgeführt (in der Regel ca. fünfmal).
Zu beachten ist, dass das Modell auch die Richtung des Wärmestroms hinsichtlich der Gravitation berücksichtigt. Dies ist zur Beschreibung der konvektiven Effekte notwendig.  Aus diesem Grunde muss darauf geachtet werden, dass die Orientierung des Modells korrekt ausgewählt ist. Überprüfen oder wählen Sie hierzu die Art des Modells (Vertikalschnitt, Horizontalschnitt, etc.) im entsprechenden Tabellenblatt des Dialogs Randbedingungen.  Abgesehen hiervon arbeitet das Modell automatisch: getrennte Hohlräume werden automatisch detektiert/unterteilt, deren Parameter ermittelt und die spezifischen resultierenden Wärmeleitfähigkeiten berechnet.

ISO 10077-2 Lufthohlraum – automatisch

Dieses Lufthohlraum-Modell basiert auf die Norm ISO 10077-2. Das Modell funktioniert sehr ähnlich dem eben beschriebenen Modell ISO 6946 und ist gleich anzuwenden, d.h. die Lufthohlräume werden von HTflux automatisch unterteilt und berücksichtigt.  Die Norm ISO 10077-2 beschreibt primär die anzuwendenden Methoden und Randbedingungen zur Berechnung von Fensterrahmen. Aus dieser Tatsache begründet sich der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Lufthohlraum-Modellen. Während in ISO  6946 Orientierung des Lufthohlraums entsprechend berücksichtigt wird, basiert der Lufthohlraum nach ISO10077-2 auf der Annahme eines horizontalen Wärmestroms. Der Wert der äquivalenten Wärmeleitfähigkeit wird deshalb bei vertikalen Wärmestrom nach oben etwas unterschätzt, und bei jener nach unten überschätzt.  Bei horizontal verlaufendem Wärmestrom ergeben sie ähnliche Werte wie beim ISO 6946-Modell, tendenziell leicht geringere. Soll die geänderte Wärmeleitfähigkeit auf Grund von Konvektionsbewegungen im Luftraum für vertikale Wärmeströme berücksichtigt werden, dann sollte grundsätzlich das Modell ISO 6946 angewendet werden. Bei Berechnungen für Fensterrahmen ist jedoch normativ vorgesehen, dass nach ISO 10077-2 gerechnet wird. Dies ermöglicht die Angabe von Bemessungswerten, unabhängig von der effektiven Einbaulage.

ISO 6946 – Luftschicht (manuell)

Das Modell ISO 6946 Luftschicht erlaubt es die für Berechnung notwendigen Randbedingungen manuell zu definieren. Das Modell ist deshalb etwas weniger spezifisch, es erlaubt aber die Generierung von statischen Vorgabewerten für die äquivalente Wärmeleitfähigkeit. Dies ist z.B. dann  besonders nützlich, wenn ein Modell analog zu einer „eindimensionalen“ oder analytischen Berechnung durchgeführt werden soll, wenn z.B. bereits eine U-Wert Berechnung mit Luftschicht für das entsprechende Bauteil durchgeführt wurde.
Es ist auch sinnvoll das Modell anzuwenden wenn grundsätzlich sehr ausgedehnte Luftschichten simuliert werden sollen, etwa bei Doppelwand-Konstruktionen, Blindböden etc. In diesem Fall kann unabhängig von der tatsächlichen Geometrie eine nominaler Dickewert für die Konstruktion vorgeben werden, auch wenn sich diese z.B. auf Grund Verbindungselementen z.T. ändern sollte.
Da auch die Temperaturdifferenz über den Hohlraum in die Berechnung eingeht, wäre es theoretisch notwendig die Simulation öfter durchzuführen und den entsprechenden Wert einzugeben. Dies ist aber nur für Temperaturdifferenzen größer als 5 °C notwendig. Da dies ein sehr seltener Fall darstellt, ist diese Vorgehensweise meist nicht notwendig.

Stark belüftete Hohlräume/Luftschichten

Für den Fall von gut belüfteten Hohlräumen ist die Anwendung der eben beschriebenen Modelle nicht vorgesehen. In diesem Fall sollte anstelle des Lufthohlraums eine Randbedingung verwendet werden. Hierbei gilt es zu beachten, dass gemäß Norm (ISO 6946) ein Lufthohlraum sehr schnell als „stark belüftet“ angenommen wird. Es gelten die folgenden Bedingungen für die Größe der Öffnungen nach außen:

  • >1500 mm² je Meter Länge (in horizontaler Richtung) für vertikale Luftschichten
  • >1500 mm² je m² Oberfläche für horizontale Luftschichten

Demgemäß sind die meisten belüfteten Wandkonstruktionen, Dachkonstruktionen etc. jedenfalls als „stark belüftet“ anzusehen. Es muss also in diesem Fall eine Randbedingungen verwendet werden. Abweichend von der üblichen Randbedingung, sind jedoch erhöhte Wärmeübergangswiderstände zu verwenden (siehe Wärmeübergangswiderstandstabellen und graphische Übersicht). Als Temperatur der Randbedingung wird je nach Anwendungsfall die Außentemperatur oder eine gewichtete Temperatur herangezogen.

Konstanter Wert – unbewegte Luft

Die Anwendung dieser Option ist nur für sehr spezielle Anwendungen möglich. Für klassischen bauphysikalischen Berechnungen wird diese praktisch nie angewendet. Es existiert in der Material-Datenbank ein entsprechende Eintrag. Dieser kann etwa verwendet werden, wenn ein bestimmter konstanter, vordefinierter Wert für den Luftraum verwendet werden soll. In diesem Fall kann das „Luft-Material“ aus der Datenbank verwendet werden und der Wert für entsprechende Wärmeleitfähigkeit eingegeben werden.
Der in der Datenbank hinterlegte sehr geringe (Normen-)Wert von 0.025 W/mK widerspiegelt die Wärmeleitfähigkeit von unbewegter Luft, dieser Fall tritt nur in äußerst kleinen Hohlräumen auf, etwa in den Luftblasen eines Dämmstoffs (hierauf basiert ja die isolierende Wirkung der meisten Dämmstoffe). Auch bei unbewegtem Luftraum kann dieser Wert nur erzielt werden, wenn keine Wärmeübertragung durch Strahlung erfolgt. Auch diese Bedingung ist i.d.R. unrealistisch. Es wird deshalb empfohlen diese Option nur zu verwenden, wenn die Wärmeleitfähigkeit durch einen anderen, plausiblen Vorgabenwert ersetzt wird (etwa auf Basis bereits durchgeführter Berechnungen oder Messungen).